veröffentlicht am 06.10.2017
F i n a n z d i e n s t l e i s t u n g e n
EP: Währungspolitischer Dialog mit EZB-Präsident Draghi
Im ECON-Ausschuss fand am 25.09.2017 der dritte währungspolitische Dialog in diesem Jahr mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, statt. In seinem Eingangsstatement wies dieser zunächst auf das anhaltende Wachstum in der Eurozone hin und merkte an, dass insbesondere der Anstieg des Bruttoinlandsproduktes in der ersten Jahreshälfte mit 2,3% höher ausgefallen sei als erwartet. Gleichzeitig sei die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit acht Jahren gefallen, obgleich insbesondere der Anteil junger Arbeitsloser nach wie vor inakzeptabel hoch sei. Bezüglich der anvisierten Preissteigerung von knapp 2% machte Draghi deutlich, dass sich die Inflationsrate allmählich diesem Zielwert nähere, allerdings noch nicht erreicht sei. Entsprechend sei es auch zu früh, bereits heute über eine Rückführung des milliardenschweren Anleihekaufprogramms zu sprechen, auch wenn diese Diskussion eher früher als später geführt werden müsse. Insgesamt erachte die EZB aber auch nach einer Anpassung eine konjunkturstützende Geldpolitik als notwendig.
Kommission: Weitere Befugnisse der Europäischen Zentralbank in Bezug auf Clearingsysteme genehmigt
Die Kommission hat am 03.10.2017 eine befürwortende Stellungnahme zu der Empfehlung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 23.06.2017 abgeben, in der die EZB eine stärkere Rolle bei der Regelung von Clearingsystemen für Finanzinstrumente – beispielsweise für zentrale Gegenparteien (CCPs) – gefordert und vorgeschlagen hat, zu diesem Zweck Artikel 22 ihrer Satzung zu ändern. In der Stellungnahme begrüßt die Kommission die Idee, die EZB mit klaren Regelbefugnissen für das zentrale Clearing auszustatten. So hat die EZB eine einschlägige Änderung ihres Statuts vorgeschlagen, damit Clearingsysteme für Finanzinstrumente ihren Regelungsbefugnissen unterstellt werden können. Durch diese wichtige Neuerung soll die EZB den Aufgaben, die ihr durch den von der Kommission vor kurzem vorgelegten Vorschlag zur Änderung der Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR) übertragen werden sollen, in vollem Umfang nachkommen können. Das EP und der Rat werden nun nach dem vereinfachten Verfahren nach Artikel 129 Absatz 3 AEUV die vorgeschlagenen Änderungen an der Satzung der EZB im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren prüfen.
F i n a n z e n
Kommission: Weitreichende Reform des EU-MwSt.-Systems vorgeschlagen
Am 04.10.2016 legte die Kommission ein Legislativpaket aus Richtlinien- und Verordnungsvorschlägen im MwSt.-Bereich vor. Sie möchte das derzeitige MwSt.- System verändern, indem der Verkauf von Waren von einem Mitgliedstaat (MS) in einen anderen in gleicher Weise besteuert wird wie der Verkauf von Waren innerhalb desselben MS. Das Paket wird den MS im Rat zur Zustimmung (Einstimmigkeit nach Art. 113 AEUV) und dem EP zur Stellungnahme vorgelegt. Außerdem möchte die Kommission im Jahr 2018 einen detaillierten Vorschlag zur Änderung der sogenannten Mehrwertsteuerrichtlinie auf technischer Ebene vorlegen, damit die aktuell vorgeschlagene endgültige Mehrwertsteuerregelung reibungslos umgesetzt werden kann. Vier grundlegende Prinzipien eines neuen endgültigen und gemeinsamen EU-Mehrwertsteuerraums sollen durch das aktuelle Paket vereinbart werden:
Betrugsbekämpfung, zentrale Anlaufstelle, größere Kohärenz und weniger Bürokratie. Durch das Paket soll ferner der Begriff „zertifizierter Steuerpflichtiger“ eingeführt werden. Darunter sollen vertrauenswürdige Unternehmen zu verstehen sein, die von einfacheren und zeitsparenden Vorschriften profitieren würden. Zudem wurden vier „schnelle Lösungen“ vorgeschlagen, die ab dem Jahr 2019 zur Anwendung kommen sollen.
Kommission: IRL wegen Nichtrückforderung illegaler Steuervorteile an den EuGH verwiesen
Am 04.10.2017 beschloss die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV, IRL an den EuGH zu verweisen, weil das Land 13 Mrd. EUR an unrechtmäßigen staatlichen Beihilfen gemäß Beschluss vom 30.08.2016 (vgl. BaB 15/2016) nicht zurückgefordert hatte. Die Kommission war zu der Auffassung gelangt, dass die Steuervorteile für Apple in IRL nach den EU-Beihilfevorschriften unrechtmäßig waren, da Apple so wesentlich weniger Steuern als andere Unternehmen zahlen musste. Grundsätzlich sehen die EU-Beihilfevorschriften vor, dass unrechtmäßige staatliche Beihilfen zurückgefordert werden müssen, um die durch die Beihilfe geschaffene Wettbewerbsverfälschung zu beseitigen. IRL hatte bis zum 03.01.2017 Zeit, den Beschluss der Kommission zur steuerlichen Behandlung von Apple umzusetzen.
Kommission: Aufforderung an LUX unzulässige Steuervergünstigungen von rund 250 Mio. EUR zurückzufordern
Am 04.10.2017 informierte die Kommission, dass nach ihrer Einschätzung LUX Amazon unzulässige Steuervergünstigungen von rund 250 Mio. EUR gewährt habe. Das wäre nach den EU-Beihilfevorschriften verboten, weil Amazon dadurch wesentlich weniger Steuern zahlen musste als andere Unternehmen. Die unzulässigen Beihilfen müsse LUX nun von dem Unternehmen zurückfordern. Im Zuge einer im Oktober 2014 eingeleiteten eingehenden Prüfung (vgl. BaB 18/2014) war die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die Steuerbelastung von Amazon in LUX durch einen von LUX im Jahr 2003 ausgestellten und 2011 verlängerten Steuervorbescheid ohne triftigen Grund verringert wurde.
Kommission: DEU aufgefordert, sein MwSt.-Erstattungssystem mit dem EURecht in Einklang zu bringen
Die Kommission beschloss am 04.10.2017, ein Aufforderungsschreiben an DEU zu richten, weil es gegen die EU-Vorschriften zur MwSt.-Erstattung verstoße (Mehrwertsteuerrichtlinie, Richtlinie 2006/112/EG des Rates: und Erstattungsrichtlinie, Richtlinie 2008/9/EG des Rates). Gemäß deutschem Recht könne eine in DEU niedergelassene steuerpflichtige Person, die über ein deutsches Online-Portal eine Mehrwertsteuererstattung in einem anderen Mitgliedstaat (MS) beantragt, ihr Recht auf eine Erstattung verlieren, weil die deutschen Behörden potenziellen Fehlermeldungen aus dem MS der Erstattung nicht weiterverfolgen. Nach Auffassung der Kommission verstößt DEU außerdem gegen die Vorschriften über die Verwaltungszusammenarbeit (Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates) in Fällen, in denen ein Erstattungsmitgliedstaat es ersucht, ansässigen Steuerpflichtigen die einschlägigen Vorschriften und Entscheidungen zuzustellen, es dies aber nicht tut.
Kommission: HUN aufgefordert, seine MwSt.-Vorschriften mit EU-Recht in Einklang zu bringen
Am 04.10.2017 beschloss die Kommission, ein Aufforderungsschreiben an HUN zu richten, weil es gegen die EU-MwSt.-Vorschriften verstoße. Im Zuge des Elektronischen Handels- und Verkehrskontrollsystems (EKAER) seien die Unternehmen verpflichtet, den ungarischen Steuerbehörden zu MwSt.-Zwecken ausführliche Informationen über bestimmte unternehmenseigene Verkehrsmittel mitzuteilen, die öffentliche Straßen benutzen. Diese Verpflichtung verstoße gegen die MwSt.-RL.
S o z i a l e s
EP: Beschäftigungsausschuss für EU-weite Einführung von Mindestlohn
Der Beschäftigungsausschuss (EMPL) des EP votierte am 28.09.2017 mit großer, fraktionsübergreifender Mehrheit (36 zu 7 bei 4 Enthaltungen) für einen Initiativbericht, der alle Mitgliedstaaten auffordert, einen Mindestlohn einzuführen, der ein angemessenes Mindesteinkommen ermöglicht. Ziel sei es, einen besseren Zugang zu Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung zu ermöglichen. Zudem sollen damit mehr Unterstützungen für Kinder, Arbeitslose und Alleinerziehende verbunden sein. Berichterstatterin MdEP Laura Agea (EFDD/ITL), sagte, man wolle nicht bloß eine Debatte zu der Thematik entzünden, sondern die Kommission zwingen, einen festen Standpunkt dazu zu beziehen. 119 Millionen Menschen in der EU, was 25% der Einwohner entspricht, seien vom Armutsrisiko bedroht. Armut und geringe Bezahlung seien kein Problem eines einzelnen Mitgliedsstaates. Das Plenum soll in der Woche vom 23.10.2017 darüber abstimmen.
Kommission: Gespräche über faire und berechenbare Arbeitsverträge
Die Kommission hat am 25.09.2017 erneut Gespräche zur Modernisierung der Arbeitsverträge mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden auf EU-Ebene aufgenommen. Ziel ist es, diese Verträge für alle Arten von Arbeitnehmern fairer und berechenbarer zu machen. Die Initiative ist Teil der europäischen Säule sozialer Rechte. Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis, zuständig u.a. für den sozialen Dialog, erklärte dazu, die Sozialpartner spielten eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte. Dies gelte insbesondere für die Bewältigung der Herausforderungen, die mit neuen Beschäftigungsformen und der Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen in atypischen Arbeitsverhältnissen verbunden sind. Eindeutige Regeln und gemeinsame faire Beschäftigungsstandards könnten diejenigen Unternehmen schützen, die ihre Arbeitnehmer angemessen über ihre Arbeitsbedingungen informieren. Der Kommission sei bewusst, dass ein Gleichgewicht zwischen dem grundlegenden Schutz von Arbeitnehmern und dem Potenzial für die Schaffung von Arbeitsplätzen und Innovationen auf dem Arbeitsmarkt geschaffen werden müsse. Marianne Thyssen, Kommissarin für Beschäftigung, Soziales, Qualifikationen und Arbeitskräftemobilität, fügte hinzu, Arbeitnehmer hätten Anspruch darauf, bei der Einstellung schriftlich über ihre Rechte und Pflichten informiert zu werden. Millionen von EU-Bürgern mit atypischen Arbeitsverträgen hätten aber keine Gewissheit über ihre Rechte. Die grundlegenden Rechtsvorschriften sollten eindeutig für alle Arbeitnehmer in der gesamten EU gelten, und zwar unabhängig von ihrem Beschäftigungsstatus – ob sie nun für eine IT-Plattform arbeiten oder Pakete zustellen.
Die Gewährleistung von faireren und berechenbareren Arbeitsverträgen sei die Grundlage für angemessene Arbeitsbedingungen in der gesamten EU. Sie hoffe, dass dies auf dem Gipfeltreffen für faire Arbeitsplätze und Wachstum in Göteborg am 17.11.2017 auf höchster politischer Ebene proklamiert werde. Die Sozialpartner haben bis zum 03.11.2017 Gelegenheit zum Meinungsaustausch über die geplanten Aktualisierungen des EU-Arbeitsvertragsrechts. Die Kommission beabsichtigt, bis zum Ende des Jahres einen Legislativvorschlag vorzulegen.
Kommission: Investitionsoffensive für Europa unterstützt 300.000 Jobs
Die Kommission teilte am 22.09.17 die Ergebnisse der Investitionsoffensive für Europa (sogenannter Juncker-Plan) mit. Schätzungen zufolge hat die Investitionsoffensive bisher die Schaffung von 300.000 Jobs europaweit unterstützt. Die Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB) gehen davon aus, dass bis 2020 die Zahl der über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) unterstützten Jobs auf 700.000 steigen wird. Am 13.09.2017 hatten das EP und die Mitgliedstaaten eine grundsätzliche Vereinbarung zur Fortschreibung des EFSI zu einem EFSI 2.0 getroffen. Der Zeitrahmen für den EFSI wurde von 2018 auf 2020 verlängert und das angestrebte Zielvolumen von 315 Mrd. EUR zur Mobilisierung privater und öffentlicher Investitionen auf 500 Mrd. EUR erhöht. Die Kommission hat eine neue Internetseite zur Investitionsoffensive gestartet, die eine Übersicht über geförderte Projekte nach Ländern, eine Online-Plattform, das Europäische Investitionsvorhabenportal (EIPP), auf der Projektträger mit Investoren zusammenkommen, sowie eine Europäische Plattform für Investitionsberatung, die zentrale Anlaufstelle zur Beratung für die privaten und öffentlichen Projektträger, bietet. Seit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise leidet die EU unter einem niedrigen Investitionsniveau. Ziel ist es, Investitionshindernisse zu beseitigen, gleichzeitig sollen Investitionsprojekte bekanntgemacht und finanziellen Ressourcen intelligenter genutzt werden. Die Investitionsoffensive stützt sich auf den EFSI, der mit einer EU-Garantie private Investitionen mobilisieren soll. Dazu unterhält die Kommission eine Zusammenarbeit mit der EIB als strategischem Partner. Bis Juli 2017 belief sich das Gesamtfinanzierungsvolumen in DEU aus dem EFSI auf 4,8 Mrd. EUR. 21,8 Mrd. EUR sollen an Folgeinvestitionen mobilisiert werden. Bislang wurden 42 Infrastruktur- und Innovationsvorhaben genehmigt. Mit KMU wurden bisher 20 Vereinbarungen geschlossen, die vom Europäischen Investitionsfonds finanziert werden. Damit können 27.600 KMU und Midcap-Unternehmen von einem besseren Zugang zu Finanzmitteln profitieren. Konkrete Beispiele in DEU sind Projekte des Medizinunternehmens MagForce (BE) und die Kieler Stadtwerke (SH). Die EIB gewährt MagForce ein Darlehen in Höhe von 35 Mio. EUR zur Unterstützung der Entwicklung eines neuen Konzepts für die Behandlung von Glioblastomen, der aggressivsten Form von Hirntumoren. Von den bisher ausgeschütteten Gesamtmitteln gingen 30% an KMU und 4% in soziale Infrastruktur.
Kommission: Initiative zur Gewalt gegen Frauen und Mädchen
EU und Vereinte Nationen (VN) wollen gemeinsam gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen vorgehen. Dazu haben beide Partner am 22.09.2017 auf der UN Generalversammlung in New York eine Initiative auf den Weg gebracht. Initiiert wurde die mit 500 Mio. EUR ausgestattete Initiative von der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, dem EU-Kommissar für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, Neven Mimica, zusammen mit dem VN-Generalsekretär António Guterres sowie der stellvertretenden VN-Generalsekretärin Amina Mohammed. Die EU-VN-Leitinitiative wird aus einem Treuhandfonds unterstützt, der von vielen Interessenträgern finanziert wird. Wichtigster Geldgeber mit einem Beitrag von etwa einer halben Mrd. EUR ist die EU. Im Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung wird die Leitinitiative einen rechtebasierten Ansatz verfolgen und dabei insbesondere die am stärksten benachteiligten Frauen und Mädchen berücksichtigten, entsprechend dem Grundsatz, dass niemand zurückgelassen werden darf.
J u s t i z
Europäischer Rechnungshof: Sonderbericht zur Effizienz des EuGH
Der Europäische Rechnungshof (EuRH) hat am 26.09.2017 einen Sonderbericht zur Beurteilung der Effizienz des EuGH bei der Bearbeitung von Rechtssachen vorgelegt.
In seiner Beurteilung hebt er hervor, dass der EuGH bereits bedeutende Schritte eingeleitet habe, die u.a. zu einer Verkürzung der Bearbeitungsdauer von 19,6 auf 14,7 Monate innerhalb von zehn Jahren geführt haben (Referenzzeitraum 2006-2016). Verbesserungsbedarf besteht nach Ansicht des EuRH bei den IT-Systemen. Sie sind komplex und beruhen auf einer veralteten zentralen Datenbank, der im Laufe der Zeit eine große Zahl von Teilsystemen hinzugefügt wurde: ein integriertes System zur Unterstützung der Bearbeitung von Rechtssachen ist nicht vorhanden. Der EuRH weist ferner darauf hin, dass von 2014 bis 2016 für einen erheblichen Anteil der eingereichten Rechtssachen Englisch (28%) oder Deutsch (20%) Verfahrenssprache waren, öfter als Französisch (13%). Seiner Ansicht nach legen diese Zahlen nahe, dass in Erwägung gezogen werden könnte, dem Französischen als Beratungssprache des EuGHs weitere Sprachen hinzuzufügen – insbesondere beim Gericht der Europäischen Union. Abschließend weist der EuRH den EuGH darauf hin, dass auch die Ausführlichkeit von Statistiken verbessert werden könnte.
Kommission: Mitteilung zur Bekämpfung illegaler Inhalte auf Online-Plattformen
Die Kommission hat am 28.09.2017 eine Mitteilung zur Bekämpfung illegaler Inhalte auf Online-Plattformen vorgelegt. Sie will den Plattformen damit eine Orientierungshilfe geben und Maßnahmen empfehlen, damit illegale Inhalte, die zu Hass, Gewalt und Terrorismus aufstacheln, künftig wirksamer entfernt werden. So sollen die Online-Plattformen ihre Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden intensivieren, und dazu – wie auch die Behörden selbst – Kontaktstellen einrichten, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Hinweise von vertrauenswürdigen Hinweisgebern, sog. „trusted flaggers“, sollen stärker genutzt und bevorzugt bearbeitet werden, um illegale Inhalte zu entdecken. Die Kommission will prüfen, ob EU-weit einheitliche Kriterien für die Qualifizierung als „trusted flagger“ erarbeitet werden können. Die Plattformen sollen aber nach dem Willen der Kommission nicht nur auf Hinweise reagieren, sondern selbst proaktiv sein, u.a. durch den Einsatz automatisierter Erkennungstechnologien. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass dieses proaktive Vorgehen nicht dazu führt, dass die Plattformen ihr Haftungsprivileg nach Art. 14 der e-Commerce-Richtlinie verlieren. Illegale Inhalte sollen schneller entfernt werden: zeitliche Vorgaben macht die Mitteilung nicht. Die Kommission will diesen Aspekt aber prüfen. Legislative Maßnahmen schlägt die Kommission derzeit nicht vor. Sie will jedoch verfolgen, wie die Online-Plattformen ihre Empfehlungen umsetzen, und gegebenenfalls Legislativmaßnahmen vorschlagen. Diese „Beobachtungs- und Prüfphase“ soll im Mai 2018 beendet sein.
Kommission: Reform der Unterlassungsklagen-Richtlinie für 2018 angekündigt
Justizkommissarin Věra Jourová hat in einer Rede am 28.09.2017 einen „New Deal“ für Verbraucherinnen und Verbraucher für 2018 angekündigt. Darunter zu verstehen ist ein Paket zur Reform der Verbraucherrechte, das diese insbesondere an das digitale Zeitalter anpassen und die Durchsetzung von Verbraucherrechten verbessern soll. Mit Blick auf die private Rechtsdurchsetzung nannte Kommissarin Jourová einerseits die weitere Förderung der alternativen Streitbeilegung, andererseits aber auch den kollektiven Rechtsschutz bei weitverbreiteten Schäden, sog. „mass harm“. In einem ersten Schritt wird die Kommission die Umsetzung ihrer Empfehlung über gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren vom 11.06.2013 bewerten: dieser Bericht wird für November 2017 erwartet. Kommissarin Jourová machte aber bereits in der Rede deutlich, dass die Auswirkungen der Empfehlung auf die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten (MS) sehr „bescheiden“ gewesen seien – nach wie vor gäbe es in neun MS keine Rechtsinstrumente zur kollektiven Rechtsdurchsetzung. Einen Ansatzpunkt für die Einführung kollektiver Rechtsschutzinstrumente bietet nach Ansicht der Kommissarin die Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz von Verbraucherinteressen. Diese soll Anfang 2018 überarbeitet werden.
EP: Rechtsausschuss nimmt Bericht zum Schutz von Whistleblowern an
Der EP-Rechtsausschuss (JURI) hat am 02.10.2017 den Initiativbericht von MdEP Virginie Rozière (S&D/FRA) zum Schutz von Hinweisgebern, sog. Whistleblowern, (vgl. BaB 11/2017) angenommen. Darin wird die Kommission aufgefordert, nach Prüfung der geeigneten Rechtsgrundlage bis zum Jahresende ein horizontales Rechtsinstrument zum EU-weiten Schutz von Whistleblowern vorzulegen. Der Anwendungsbereich soll den öffentlichen und privaten Sektor umfassen, und die nationalen wie europäischen Behörden und Institutionen einschließen. Der Hinweisgeber muss im öffentlichen Interesse handeln und berechtigte Gründe haben, anzunehmen, dass seine Informationen korrekt sind. Hinweisgeber sollen ein Recht auf Schadensersatz haben, und darüber hinaus angemessen psychologisch und finanziell unterstützt werden. Der Bericht schlägt vor, nationale Fonds oder einen EUFonds zur Unterstützung einzurichten. Außerdem soll eine EU-Behörde geschaffen werden, die die Maßnahmen der Mitgliedstaaten koordiniert, Hinweise entgegennimmt und Empfehlungen ausspricht. Das Plenum des EP wird voraussichtlich Ende Oktober über den Bericht abstimmen.