21-2017 Newsletter

Darmstadt, den 12. Dezember 2017

veröffentlicht am 17.11.2017

F i n a n z d i e n s t l e i s t u n g e n

Rat: Einigung auf Verlängerung und Ausweitung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen

Nach mehreren technischen Sitzungen hat der Rat am 08.11.2017 die bereits am 13.09.2017 getroffene Einigung zur Verlängerung der Laufzeit und die inhaltliche Ausweitung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) bestätigt. Ziel ist es, bis 2020 und somit parallel zum Auslaufen des gegenwärtigen Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) die milliardenschwere EU-Investitionsinitiative zu verlängern und Investitionen in Höhe von mindestens 500 Mrd. EUR zu generieren. Die provisorische Einigung mit dem EP war bereits am 26.10.2017 getroffen worden

F i n a n z e n

Kommission: Staatliche Beihilfen: Belgische Steuermaßnahmen in der Seeschifffahrt genehmigt

Wie die Kommission am 06.11.2017 mitteilte, genehmigte sie die Verlängerung mehrerer belgischer Fördermaßnahmen in der Seeschifffahrt bis Ende 2022 nach den EU Beihilfevorschriften. Die Maßnahmen sollen Anreize für Reedereien schaffen, ihre Schiffe in Europa zu registrieren, um so höhere Sozial-, Umwelt- und Sicherheitsstandards einzuhalten.

Rat: Steuerpolitisches Thema des ECOFIN vom 07.11.2017

Der Rat der Finanz- und Wirtschaftsminister (ECOFIN) bekräftigte den Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung. Man hoffte, dass die Paradise- Paper-Diskussion dazu beitrage, eine neue politische Dynamik zu schaffen, die für eine Einigung erforderlich sei. Die Minister erzielten keine politische Einigung über das MwSt.-E-Commerce-Paket. Aber es seien gute Fortschritte gemacht worden. Sie erörterten verbesserte MwSt.-Vorschriften zur Erleichterung des elektronischen Handels und der Online-Geschäfte. Ziel ist auch, die Erhebung der MwSt. auf digitale Dienstleistungen zu verbessern. Darüber hinaus erörterten die Minister die sog. EUBlacklist für nichtkooperative Steuergebiete. Die Arbeit an der Liste laufe wie geplant.

S o z i a l e s

Kommission, Europarat: Start eines neuen Handbuches zur Qualität der Lernmobilität bei Jugendlichen

Am 25.10.2017 startete die Kommission gemeinsam mit dem Europarat die Ausarbeitung und Erstellung eines neuen Handbuches zur Qualität der Lernmobilität bei Jugendlichen. Da die Mobilität des Lernens vermehrt als pädagogisches Mittel herangezogen wird, stehen verschiedene Aspekte der qualitativen Standards im Fokus. Die European Platform on Learning Mobility in the youth field (EPLM) dient genau diesem Ziel und bringt Jugendarbeiter, Politiker und Forscher zusammen. Die Plattform ist interaktiv-partizipatorisch aufgebaut und konzentriert sich auf Lernmobilität von Jugendlichen und Praktikern. Damit bietet das Forum ein Netzwerk zu Austausch und Kooperation, wodurch die Ergebnisse qualitativ besser werden sollen. Zu diesem Zweck wurden bereits 2016 verschiedene Grundsätze formuliert, welche die Basis für das angestoßene Handbuch sein werden. Das Handbuch wird neben Beispielen auch verschiedene Indikatoren aufzeigen, die bei der Planung, Ausführung und Bewertung von Projekten zur Lernmobilität im Jugendbereich hilfreich sind.

Kommission: Sammlung von Vorschlägen für Integrationsmaßnahmen von Flüchtenden

Am 09.11.2017 veröffentlichte die Kommission einen Aufruf zur Sammlung von Vorschlägen für mögliche Integrationsmaßnahmen von Drittstaatsangehörigen. Um auf europäischer Ebene die Entwicklung einer gemeinsamen Politik für Asyl und Immigration zu fördern und die Prinzipien der Freiheit, des Rechts und der Solidarität zu bewahren, hat die Kommission den Asylum, Migration und Integration Fund (AMIF) ins Leben gerufen. Zur Umsetzung des AMIF gibt es einen Aufruf für Vorschläge zur Integration. Dabei können zu fünf Themenblöcken von jedem Unionsbürger Vorschläge zu möglichen Maßnahmen unterbreitet werden. Dabei ist der erste Block der Stärkung des Bewusstseins für den Beitrag von Migranten zu den EU Gesellschaften gewidmet. Im zweiten Thema geht es um die Gemeinschaftsbildung auf lokaler Ebene zur Integration (inklusive freiwilliger Aktivitäten). Der dritte Block betrifft die Vorabmaßnahmen und Maßnahmen nach Ankunft von Flüchtenden, die aus Drittstaaten umgesiedelt wurden (inklusive freiwilliger Aktivitäten). Das vierte thematische Gebiet befasst sich mit der zügigen Integration von Flüchtenden in den Arbeitsmarkt durch eine verstärkte Kooperation und Mobilisierung von Arbeitgebern sowie sozialen Partnern. Der fünfte Themenbereich umfasst die Integration von Opfern des Menschenhandels. Für jedes Thema ist eine finanzielle Förderung zwischen 3,4 und 8 Mio. EUR vorgesehen. Die Frist für die Einreichung von Anregungen ist der 01.03.2018.

EP: Debatte zur sexuellen Belästigung

Am 25.10.2017 fand im EP eine Debatte zum Thema der sexuellen Belästigung statt. Der aktuelle Skandal wurde vom EP aufgegriffen. Dort stehen der Filmproduzent Harvey Weinstein und die Online-Kampagne unter dem Hashtag #MeToo im Zentrum. Das EP hatte nach zahlreichen Vorwürfen und in Verbindung mit der strukturellen Problematik des Sexismus entschieden, mit Kommissarin Malmström darüber zu diskutieren. Die Diskussion sollte erörtern, welche Maßnahmen die EU noch ergreifen könne, um sexuelle Belästigung und Missbrauch zu verhindern. Laut einer Umfrage der Agentur der EU für Grundrechte (FRA) waren 55% aller Frauen seit ihrem 15. Lebensjahr mit einer oder mehreren Formen sexueller Belästigung konfrontiert. In der Plenardebatte verurteilten die Abgeordneten derartiges Fehlverhalten und forderten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dies sei auch innerhalb des EP ein wichtiges Thema und müsse angegangen werden. Männer seien ein Teil des Problems und müssten damit auch Teil der Lösung sein. Des Weiteren würden viele Vorfälle nicht gemeldet, da die Opfer sich nicht bloßstellen wollten. Opfer sexueller Übergriffe müssten befähigt werden, sich zu äußern ohne eventuelle Konsequenzen fürchten zu müssen. Bereits in der Vergangenheit wurden mehrere Entschließungen gefasst, wie etwa zur Beendigung der Belästigung als Voraussetzung zur Gleichstellung der Geschlechter oder zur Stärkung der wirtschaftlichen Stellung der Frau. Die Mitgliedstaaten wurden aufgerufen, ihre bestehenden nationalen Gesetzgebungen dementsprechend zu ergänzen. Innerhalb des EP gibt es bereits einen beratenden Ausschuss für die Vorbeugung von Belästigung. Dieser hatte Ende 2016 bereits eine Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagne im EP gestartet, um Sexismus und sexueller Belästigung entgegenzuwirken.

EP: Maßnahmen gegen Bevölkerungsrückgang in gefährdeten EU-Regionen Neuausrichtung der EU-Fonds gefordert

Das EP hat am 14.11.2017 beschlossen, dass Regionen mit alternder Bevölkerung, niedrigen Geburtenraten und wegziehender Jugend durch begrenzte Arbeitsmöglichkeiten mehr Hilfe benötigen. Um diese Hilfe zu erreichen, müssten Kohäsionspolitik und -fonds verbessert werden und eine EU-Demographiepolitik entwickelt werden. Die nichtlegislative Resolution wurde mit großer Mehrheit von 506 zu 103 bei 77 Enthaltungen angenommen. Als Hauptgründe für sinkende Einwohnerzahlen in vielen Regionen nannte das EP alternder Bevölkerung, niedrige Geburtenraten und ein Mangel an Fachkräften, ebenso aber auch das Fehlen von Beschäftigungsperspektiven. Alle diese Faktoren würden zur Abwanderung junger Menschen führen. Die EU-Fonds sollen im Einzelnen wie folgt ausgerichtet werden: 1. Der Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) soll in der nächsten Förderperiode den Demographischen Wandel priorisieren, 2. der Europäische Regionalfonds (EFRE) soll stark betroffene Regionen in puncto Verbesserung der Infrastruktur mehr unterstützen, 3. der Europäische Sozialfonds (ESF) soll Bildung und Ausbildung junger Menschen unterstützen und den Ausschluss älterer Menschen von der Digitalisierung reduzieren, 4. der Europäische Strukturinvestitionsfonds soll betroffene Regionen bei Investitionen im Energie-, Transport-, Innovations- und KMUSektor fördern.

Kommission: Erklärung zum Tag der Lohngleichheit

Zum Tag der Lohngleichheit am 03.11.2017 erklärten der Erste Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans, Kommissarin Marianne Thyssen und Kommissarin Věra Jourová angesichts eines 16,3-Prozentpunkte unter dem von Männern liegenden Stundenlohns von Frauen, dass dringend Fortschritte bei dieser Problematik gemacht werden müssten. Frauen arbeiteten häufig in weniger gut bezahlten Branchen, werden seltener befördert und sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. Die aktuelle #Me-Too-Kampagne in den sozialen Medien habe gezeigt, dass die Menschen in Europa die mangelnde Gleichbehandlung der Geschlechter stärker wahrnehmen als je zuvor. Diese Dynamik wolle die Kommission nutzen.

EuGH: Urteil zur Regelung eines arbeitsfreien Tages pro Siebentageszeitraum für Arbeitnehmer

Der EuGH hat am 09.11.2017 die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 2003/88/EG entschieden. Demnach hat jeder Arbeitnehmer pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden. Wie der EuGH klarstellte, muss diese Mindestruhezeit jedoch nicht nach jedem gearbeiteten Sechstageszeitraum erfolgen, da die Richtlinie lediglich verlange, dass die Wochenruhephase irgendwann innerhalb jedes Siebentageszeitraumes gewährt werde. Dadurch können Arbeitnehmer theoretisch bis zu zwölf Tage am Stück arbeiten und hätten im Anschluss tatsächlichen Anspruch auf die zweifache Wochenruhezeit von 24 Stunden. Maio Marques de Rosa, der als Kassierer in einem 363 Tage/Jahr geöffneten Kasino arbeitete, hatte in PTL gegen seinen Arbeitgeber geklagt. Er verlangte Entschädigung für Überstunden, insbesondere an Tagen, an denen er seiner Meinung nach hätte frei haben müssen, weil es sich um den siebten Tag nach sechs Arbeitstagen gehandelt habe. Das Berufungsgericht Porto hatte den EuGH ersucht, die entsprechende Richtlinie auszulegen und zu entscheiden, ob die wöchentliche Mindestruhezeit am siebten Tag nach sechs Arbeitstagen gewährt werden müssen. Diese Auffassung hat der EuGH in seinem Urteil verneint.

EuGH: Urteil zum ESP-Arbeitslosengeld: Verteilung zwischen den Geschlechtern bei „vertikaler Teilzeitarbeit“ bedeutet Ungleichbehandlung

Mit seinem Urteil vom 09.11.2017 zum Arbeitslosengeld bei „vertikaler Teilzeitarbeit“ hat der EuGH in der Rechtssache C-98/15 festgestellt, dass das spanische System zur Bestimmung der Grundlage für die Berechnung von Arbeitslosenleistungen für vertikale Teilzeitarbeit unionsrechtswidrig ist. Da die Arbeitnehmergruppe von vertikal Teilzeitarbeitenden weit mehrheitlich aus Frauen besteht, beinhaltet das ESPBerechnungssystem eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu deren Nachteil. Die Klägerin Espadas Recio war in ESP mehr als 13 Jahre als Reinigungskraft beschäftigt. Sie arbeitete an drei Tagen pro Woche, also in vertikaler Teilzeit (bei „horizontaler Teilzeit“ verteilt sich die Arbeitszeit auf alle fünf Tage der Arbeitswoche). Ihre Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtete sie indessen nicht nur für diese drei Tage, sondern ebenso wie Vollzeitbeschäftigte und horizontal Teilzeitbeschäftigte für jeden Tag des Monats. Als Frau Recio arbeitslos wurde, wurden für die Bemessung des Bezugszeitraums jedoch nicht sämtliche Beitragstage der letzten sechs Jahre, sondern nur die tatsächlich gearbeiteten Tage berücksichtigt. Das Sozialgericht Barcelona rief den EuGH deswegen mit der Frage an, ob diese Regelung gegen die Unionsvorschriften über Teilzeitbeschäftigung und über die Gleichbehandlung von Mann und Frau verstößt. Der EuGH bestätigte jetzt, dass in den Fällen vertikaler Teilzeitarbeit die Tage, an denen nicht gearbeitet worden sei, nicht einbezogen würden, obwohl entsprechende Beiträge entrichtet wurden. Da die Mehrheit der Beschäftigten mit vertikaler Arbeitszeitvereinbarung Frauen seien, verstoße die aktuelle Regelung in ESP gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie 79/7/EWG.

EuGH: Schlussanträge zu konfessionsgebundenen Stellenausschreibungen

Am 09.11.2017 wurden die Schlussanträge des Generalanwaltes in der Rechtssache C-414/16 Egenberger / Diakonie eingereicht. In diesem Verfahren besteht ein Dilemma zwischen der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf („Antidiskriminierungsrichtlinie“ 2000/78/EG) und dem Recht von religiösen Organisationen zur Ungleichbehandlung aufgrund der Religion oder Weltanschauung (Art.4, Abs.2 der Richtlinie). Auch die Schlussanträge lösten diesen Zwiespalt nicht auf. Zum Sachverhalt: Frau Egenberger bewarb sich auf eine befristete Referentenstelle des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung für das Projekt „Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention“. In der Ausschreibung hieß es, dass die Mitgliedschaft in einer Evangelischen Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt würden und im Lebenslauf die Konfession angegeben werden solle. Frau Egenberger, die konfessionslos ist, wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Da sie der Meinung ist, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht erhalten, hat sie das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung vor deutschen Gerichten auf Entschädigung in Höhe von fast 10.000 EUR wegen Diskriminierung aufgrund der Religion verklagt. Das Bundesarbeitsgericht ersuchte den EuGH um Auslegung der Richtlinie. Der Generalanwalt argumentierte, dass nationale Gerichte dazu verpflichtet sind, das Recht der religiösen Organisationen auf Autonomie und Selbstbestimmung gegen das Recht des Arbeitnehmers zum Schutz vor religiöser Diskriminierung gegeneinander abzuwägen. Hier sei im Speziellen zu prüfen, ob die religiöse Zugehörigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung sei.

J u s t i z

Kommission: neue Strategie zur justiziellen Aus- und Fortbildung 2019-2025

Die Kommission arbeitet an einer neuen Strategie zur justiziellen Aus- und Fortbildung. Sie unterstützt die europabezogene Aus- und Fortbildung für Angehörige der Rechtsberufe, darunter grenzüberschreitende Austauschaufenthalte, finanziell. Die Strategie legt die Schwerpunkte und Ziele der Förderung fest. Am 09.11.2017 veröffentlichte die Kommission einen Fahrplan zur Evaluierung der laufenden Strategie 2011-2020 sowie einen Fahrplan zur Erarbeitung der neuen Strategie für die Jahre 2019-2025. Eine noch 2017 zu startende öffentliche Konsultation und eine Konferenz sollen zur Evaluierung beitragen. Die Kommission gibt bereits Hinweise, welche Aspekte ihr in der neuen Strategie für 2019-2025 wichtig sind: Dazu zählt weiterhin die Verbesserung der Kenntnisse von EU-Recht, aber auch neue Prioritäten wie die Aus- und Fortbildung des Personals im Strafvollzug und die justizielle Zusammenarbeit im Strafrecht, insbesondere mit Blick auf den Kampf gegen Terrorismus und Cybercrime. Die neue Strategie wird als Mitteilung der Kommission nach aktuellem Planungsstand im September 2018 veröffentlicht werden.

EuGH: gerichtliche Zuständigkeit bei Sammelklage gegen Facebook

Generalanwalt Bobek vertritt in seinen Schlussanträgen vom 14.11.2017 in der Rechtssache C-498/16 die Auffassung, dass Tätigkeiten wie Veröffentlichungen, das Halten von Vorträgen, der Betrieb von Websites oder die Sammlung von Spenden zur Durchsetzung von Ansprüchen nicht zum Verlust der Verbrauchereigenschaft in Bezug auf Ansprüche im Zusammenhang mit dem eigenen, für private Zwecke genutzten Facebook-Konto führen. Ein Kläger kann im Hinblick auf seine eigenen Ansprüche aufgrund der privaten Nutzung seines Facebook-Kontos als Verbraucher angesehen werden. Anderes gilt jedoch für Ansprüche, die andere Verbraucher zur gerichtlichen Geltendmachung an ihn abgetreten haben: Der Verbrauchergerichtsstand ist nach Ansicht des Generalanwalts stets auf die konkreten Parteien des speziellen Vertrags beschränkt. Es wäre mit diesen Regeln nicht vereinbar, einem Verbraucher zu gestatten, den Verbrauchergerichtsstand auch für Ansprüche zu nutzen, die ihm von anderen Verbrauchern ausschließlich zur gerichtlichen Geltendmachung abgetreten wurden. Eine solche Ausdehnung würde es insbesondere ermöglichen, Klagen an einem Gerichtsstand zu konzentrieren und für Sammelklagen den günstigeren Gerichtsstand zu wählen, indem alle Ansprüche an einen Verbraucher mit Wohnsitz an diesem Gerichtsstand abgetreten würden. Dies könnte eine schrankenlose gezielte Abtretung an Verbraucher an einem beliebigen Gerichtsstand mit günstigerer Rechtsprechung, geringeren Kosten oder großzügigerer Prozesskostenhilfe zur Folge haben, was zur Überlastung einiger Gerichte führen könnte. Es sei Sache des Unionsgesetzgebers, derartige Sammelklagen für Verbraucher einzuführen. Dem Verfahren liegt eine Sammelklage in AUT gegen Facebook Ireland wegen Verstößen gegen österreichische, irische und europäische Datenschutzregeln zugrunde. Facebook hatte u.a. geltend gemacht, der klagende Verbraucher könne sich wegen seiner beruflichen Tätigkeiten im Zusammenhang mit Datenschutz und Facebook nicht auf den für Verbraucher günstigen Gerichtsstand berufen.

G e s u n d h e i t  u n d  V e r b r a u c h e r s c h u t z

Kommission, EMA: Überarbeitung von medizinischen Produktinformationen und Beipackzetteln

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat am 15.11.2017 einen Aktionsplan veröffentlicht, um mit Interessenvertretern medizinische Produktinformationen (PI) und Beipackzettel von Medikamenten zu verbessern. Ziel ist es, mit der PI ein Informationspaket für Patienten und medizinisches Personal zu entwickeln, welches jedes einzelne, in der EU zugelassene Medikament erklärt und den Gebrauch beschreibt. Der Aktionsplan folgt einem Bericht, den die Kommission im März 2017 veröffentlicht hatte. Er stellte fest, dass trotz bisheriger Bemühungen zur Verbesserung der Lesbarkeit von Beipackzetteln Bedarf für weitere Verbesserungen besteht.

Kommission, Rat: Schnelles EU-weites Verbot von neuen, gefährlichen Substanzen

Neue psychoaktive Substanzen sollen schneller EU-weit verboten werden – so wie herkömmliche Drogen. Nach den am 10.11.2017 vom Rat nach Zustimmung des EP verabschiedeten erneuerten Vorschriften wird das Verfahren zur Feststellung möglicher Auswirkungen neuer psychoaktiver Substanzen (NPS) und gegebenenfalls zur Ergreifung von Kontrollmaßnahmen in der EU deutlich kürzer sein. Die nationalen Behörden haben sechs statt zwölf Monate Zeit, um einen EU-Beschluss umzusetzen. Der Informationsaustausch über die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD) soll verbessert werden. Europol wird eine wichtigere Rolle im Frühwarnsystem und im Risikobewertungsverfahren spielen. Die Mitgliedstaaten haben zwölf Monate Zeit zur Umsetzung der Richtlinie.

Online – Shopping: Stärkung des Verbraucherschutzes

Am 14.11.2017 verabschiedeten die Abgeordneten im Rahmen des Berichts von MdEP Olga Sehnalová (S&D/CZR) EU-weite Vorschriften zum besseren Schutz der Verbraucher vor Betrügereien und zur schnelleren Erkennung unseriöser Geschäftemacher. Die nationalen Vollstreckungsbehörden werden mehr Befugnisse bekommen, um Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften im Internet aufzudecken und zu stoppen. Außerdem werden sie ihre Maßnahmen im Rahmen der überarbeiteten Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz EU-weit besser koordinieren können. Die Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse umfassen u.a.: Informationen von Registrierungsstellen für Domainnamen und Banken zur Identifizierung von unseriösen Geschäftemachern anzufordern, die Durchführung von Testkäufen von Waren oder Dienstleistungen, einschließlich „mystery shopping“(anonyme Testkäufe), die Anordnung einer ausdrücklichen Warnung oder die Entfernung digitaler Inhalte, wenn es keine anderen wirksamen Mittel gibt, um eine rechtswidrige Praxis zu unterbinden, Strafen wie zum Beispiel Geldbußen und die Information der Verbraucher über die Durchsetzung von Schadensersatzforderungen.

I n n e r e s

Kommission: Weitere Fortschritte bei der Migrationsagenda erzielt

Wie die Kommission am 15.11.2017 in ihrem Fortschrittsbericht feststellt, wurden im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda weitere Fortschritte erzielt. Hierzu zählt sie den Umstand, dass die Zahl der irregulären Neuankünfte im Jahr 2017 um 63% abgenommen habe. Die EU sei auch auf gutem Wege, bis Ende 2017 den geplanten Betrag von 3 Mrd. EUR im Rahmen der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei vertraglich zu binden. Eine Mio. syrische Flüchtlinge, die am meisten Hilfe benötigen, bekämen nun seit Oktober jeden Monat elektronisch Bargeld überwiesen. Zwei Jahre nach seinem Start habe auch der EU-Treuhandfonds für Afrika mit Maßnahmen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung und der Migrationssteuerung die Stabilität und Widerstandsfähigkeit von Ländern, die mit Krisen unterschiedlicher Art und Notsituationen konfrontiert sind, erhöht: mittlerweile seien Programme im Wert von fast 2 Mrd. EUR genehmigt worden. In Libyen richte sich das Augenmerk vor allem darauf, die oft katastrophalen Bedingungen für Migranten zu verbessern. Auf Grundlage der Neuansiedlungsregelungen wurden seit September 2015 mehr als 25.700 Personen von außerhalb der EU neu angesiedelt. Innereuropäisch wurden auf Basis der EU-Umverteilungsregelung mittlerweile über 31.500 Personen verteilt. Fast alle Mitgliedstaaten bis auf POL, CZR und HUN haben ihre rechtlichen Verpflichtungen erfüllt. Die Vertragsverletzungsverfahren gegen die drei genannten Mitgliedstaaten gehen weiter. Mit dem Abschluss eines Abkommens mit Bangladesch im September über Standardverfahren für die Rückkehr ist die EU auch bei einem weiteren zentralen Element ihres Konzepts für eine bessere Migrationssteuerung vorangekommen.