veröffentlicht am 01.12.2017
F i n a n z d i e n s t l e i s t u n g e n
Kommission: Expertengruppe legt Empfehlungen zur Verbesserung des Marktes für Unternehmensanleihen vor
Eine von der Kommission eingesetzte Expertengruppe hat am 20.11.2017 Empfehlungen zur Verbesserung des Marktes für Unternehmensanleihen veröffentlicht. Mittels solcher Anleihen sollen sich Unternehmen alternativ zur Bankenfinanzierung am Markt Kapital beschaffen können und dadurch weitere Investitionsmöglichkeiten erhalten. Die Kommission erhofft sich aus den insgesamt 22 Empfehlungen Signale, inwiefern im Zuge der Kapitalmarktunion weitere Bemühungen zur Stärkung der Unternehmensanleihen getätigt werden könnten. Das weitere Verfahren sieht vor, dass Anfang 2018 zunächst eine öffentliche Konsultation gestartet werden soll, bevor dann in der zweiten Jahreshälfte 2018 konkrete Vorschläge unterbreitet werden.
Kommission: Technische Standards für elektronische Zahlungsdienste veröffentlicht
Die Kommission hat am 27.11.2017 technische Regulierungsstandards (RTS) verabschiedet, die elektronische Zahlungen in Geschäften und im Internet sicherer machen sollen. Gleichzeitig sollen Verbraucher auch auf bequemere, kostengünstigere und innovativere Lösungen von Zahlungsdienstleistern zurückgreifen können. Durch die RTS soll die unlängst überarbeitete EU-Richtlinie über Zahlungsdienste (PSD2) konkretisiert werden, die zum 13.01.2018 in Kraft treten wird. Ziel der Richtlinie ist, die europäischen Zahlungsdienste zu modernisieren und gleichzeitig sicherzustellen, dass diese mit der rasanten Marktentwicklung Schritt halten können und dass sich der europäische Markt für den elektronischen Handel entfalten kann. Konkret sollen die nun verabschiedeten RTS bewirken, dass Verbraucher innovative Dienste von Drittdienstleistern wie FinTechs nutzen können und gleichzeitig die hohen Standards des Verbraucherschutzes eingehalten werden. Zu diesen Diensten gehören Zahlungslösungen und Instrumente zur Verwaltung der persönlichen Finanzen, mit denen sich Informationen aus verschiedenen Konten zusammenfassen lassen. Nach Annahme der RTS haben EP und Rat drei Monate Zeit, um diese zu prüfen. Nach Veröffentlichung im Amtsblatt der EU haben Banken und andere Zahlungsdienstleister dann 18 Monate Zeit, um die Sicherheitsmaßnahmen und Kommunikationsinstrumente einzuführen.
F i n a n z e n
Kommission: Neue Instrumente zur Bekämpfung des MwSt.-Betrugs vorgestellt
Am 30.11.2017 stellte die Kommission neue Instrumente vor, mit denen das MwSt.-System der EU weniger betrugsanfällig und Schlupflöcher geschlossen werden sollen, welche MwSt.-Betrug in großem Umfang begünstigen könnten. Als wichtigste Maßnahmen erscheinen: Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, Zusammenarbeit mit Strafverfolgungsbehörden, Austausch wichtiger Informationen über Einfuhren in die EU, Austausch von Informationen über Fahrzeuge. Die Legislativvorschläge wurden dem EP zur Konsultation und dem Rat zur Annahme übermittelt.
EP: Rat: EU-Haushalt 2018 angenommen
Nachdem der Rat die Einigung im Vermittlungsverfahren mit dem EP über den Haushaltsplan 2018 am 30.11.2017 förmlich gebilligt hatte, verabschiedete das EP den Haushaltsplan am selben Tag mit 295 Stimmen gegen 154 bei 197 Enthaltungen. Er wurde dann von EP-Präsident Antonio Tajani (EVP/ITL) in Kraft gesetzt. Das EP sieht vor allem eine bessere Förderung von Jugend, Wachstum und Sicherheit vor. So würden bspw. 116,7 Mio. EUR mehr für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erreicht. Aber auch zusätzliche Mittel für KMU, Forschungsprogramme und Erasmus werden angewiesen. Dagegen erfolgten Mittelkürzungen für die Türkei. Insgesamt belaufen sich die Verpflichtungsermächtigungen für 2018 auf 160,1 Mrd. EUR und die Zahlungsermächtigungen auf 144,7 Mrd. EUR.
S o z i a l e s
Rat, Kommission, EP: EU-Sozialgipfel – Unterzeichnung der Europäischen Säule Sozialer Rechte (ESSR)
Am 17.11.2017 fand in Göteborg (SWE) der erste Europäische Sozialgipfel seit 20 Jahren statt. Er ist begrifflich nicht zu verwechseln mit dem zweimal jährlich stattfindenden „Dreigliedrigen Sozialgipfel“, der im Frühjahr und Herbst vor den Tagungen des ER mit den Sozialpartnern stattfindet. Er stand unter der Überschrift „Faire Arbeitsmärkte und Wachstum“ und führte zur feierlichen interinstitutionellen Unterzeichnung der Europäischen Säule Sozialer Rechte (ESSR) durch die Präsidenten von Kommission, EP und Rat sowie den Staats- und Regierungschefs. Der außerordentliche Gipfel wurde gemeinsam von Kommissionspräsident Juncker und dem schwedischen Ministerpräsidenten Löfven ausgerichtet. Vor der Unterzeichnung diskutierten die Staats- und Regierungschefs live im Internet mit europäischen Gewerkschafts-, Unternehmer- und Jugendverbänden über die Herausforderungen der Digitalisierung und Globalisierung für die Sozial- und Beschäftigungspolitik und die Bedeutung einer Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen für den Zusammenhalt Europas. Die unterzeichnete ESSR-Erklärung umfasst 20 Punkte in drei Hauptkapiteln „Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang“, „Faire Arbeitsbedingungen“ sowie „Sozialschutz und soziale Inklusion“. Zu den wichtigsten der 20 Punkte gehören Gleichstellung der Geschlechter, sichere und anpassungsfähige Beschäftigung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Betreuung und Unterstützung von Kindern, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Mindesteinkommen, Inklusion von Menschen mit Behinderungen sowie Langzeitpflege.
Rat, Kommission: Europäisches Solidaritätskorps – Kommission begrüßt Einigung der Jugendminister
Der Rat Bildung, Jugend, Kultur und Sport hat sich am 20.11.2017 zum Vorschlag der Kommission darauf geeinigt, das Europäische Solidaritätskorps mit einem eigenen Haushalt und einem eigenen Rechtsrahmen auszustatten. Mit einer eigenen rechtlichen Grundlage und eigenen Mitteln für das Europäische Solidaritätskorps sollen klare Regeln und eine stabile finanzielle Grundlage garantiert werden. Dies werde den Solidaritätsaktionen in ganz Europa einen Schub verleihen und bis 2020 ermöglichen, 100.000 Einsätze zu vermitteln. Solidarität sei ein zentraler und grundlegender Wert der EU, so die Kommission. Seit Dezember 2016 haben sich über 41.000 junge Menschen für das Europäische Solidaritätskorps registriert und damit ihre Bereitschaft bekundet, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, sei es im Rahmen einer Freiwilligentätigkeit, eines Praktikums oder eines Arbeitseinsatzes. Diese Begeisterung, die ein nachhaltigeres und gerechteres Europa voranbringen werde, gelte es wertzuschätzen. Die Einigung der Mitgliedstaaten ebne den Weg zu einer abschließenden Einigung mit dem EP. Der EST-Ratsvorsitz habe mit seinem Engagement und seiner intensiven Arbeit den Konsens in dieser Angelegenheit vorbereitet, der nun knapp sechs Monate nach Vorlage des Kommissionsvorschlags erzielt werden konnte. Sobald das EP seinen Bericht angenommen habe, werde der erste Trilog zum Solidaritätskorps stattfinden.
Kommission: Aktionsplan zur Beseitigung des Lohngefälles zwischen Frauen und Männern
Der am 20.11.2017 vorgelegte Aktionsplan der Kommission soll dazu beitragen, dass die Ungleichheit der Vergütung von Männern und Frauen reduziert und mittelfristig abgeschafft wird. Im EU-weiten Durchschnitt verdienen Frauen 16,3% weniger als Männer. Das Lohngefälle in DEU beträgt sogar 22%. In den vergangenen Jahren konnte dieser Unterschied nicht reduziert werden, was maßgeblich daran liegt, dass Frauen im Vergleich zu Männern meist geringfügiger beschäftigt sind, in schlechter bezahlten Berufen tätig sind, ihre Karriere häufiger unterbrechen und deutlich mehr unbezahlte Arbeit leisten. Der vorgelegte Aktionsplan soll zur Durchbrechung dieser gläsernen Decke beitragen, indem Projekte zur Förderung von Frauen in Führungspositionen finanziell unterstützt und eine Änderung der Gleichstellungsrichtlinie geprüft werden. Außerdem forderte die Kommission EP und Rat auf, den Richtlinienvorschlag zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zügig anzunehmen.
Kommission: Geplanter Zugang zum Sozialschutz für Alle
Am 20.11.2017 hat die Kommission mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden über den Zugang von allen Beschäftigten und Selbstständigen zum Sozialschutz sowie zur Arbeitsvermittlung diskutiert. Etwa 40% der Erwerbstätigen waren im Jahr 2016 in atypischen Beschäftigungsformen oder selbstständig tätig. Dabei läuft jeder Zweite Gefahr, keinen hinreichenden Sozialschutz zu haben. Vor allem bei jungen Menschen steigt der Anteil der atypisch Beschäftigten weiter an. Im Rahmen der Europäischen Säule Sozialer Rechte will die Kommission die wirtschaftliche Unsicherheit dieser Gruppen durch einen hinreichenden Zugang zum Sozialschutz reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, sind laut Kommission Reformen der nationalen Sozialsysteme notwendig, um diese zukunftssicher und generationengerecht zu gestalten. Derzeit läuft die zweite Stufe der Anhörung der Sozialpartner. Parallel dazu findet eine breit angelegte öffentliche Konsultation mit allen betroffenen Interessenträgern statt. Nach Abschluss dieser Konsultation will die Kommission im ersten Halbjahr 2018 einen Vorschlag unterbreiten.
Kommission: Konsultation zur Europäischen Arbeitsmarktbehörde und Sozialversicherungsnummer eröffnet
Die Kommission hat am 27.11.2017 eine öffentliche Konsultation zur möglichen Ausprägung einer Europäischen Arbeitsmarktbehörde und zur Einführung einer Europäischen Sozialversicherungsnummer gestartet. Eine EU-Arbeitsmarktbehörde würde auf bestehenden Strukturen aufbauen und die nationalen Akteure unterstützen, um die grenzüberschreitende Mobilität zu gewährleisten und die Sozialversicherungssysteme besser zu koordinieren. Mit einer EU-Sozialversicherungsnummer könnten der Status des Versicherten innerhalb der EU schneller überprüft und Behördengänge einfacher gestaltet werden. Beide Initiativen gehen auf geforderte Maßnahmen aus der Rede von Kommissionspräsident Juncker zur Lage der EU 2017 zurück. Entsprechende Vorschläge zur Gesetzgebung will die Kommission im Frühjahr 2018 nach Ende der Konsultation vorlegen.
Kommission, UNRIC: Internationaler Tag gegen Frauengewalt
Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen hat die Kommission am 24.11.2017 zum Ende der Gewalt gegen Frauen aufgerufen. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, dass nach wie vor Frauen und Mädchen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU täglich Gewalt angetan werde. Diese Verletzung der Menschenrechte sei weitverbreitet und habe viele Gesichter: Sie geschieht in allen sozialen Schichten, egal ob zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Schule, auf der Straße, beim Sport oder im Internet. Jede dritte Frau in Europa sei Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt. 80% der Opfer von Menschenhandel in der EU seien weiblich. Im Jahr 2015 wurden in der EU etwa 215.000 gewalttätige Sexualverbrechen von der Polizei registriert. Ein Drittel davon, fast 80.000, waren Vergewaltigungen. Das Regionale Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa (UNRIC) erklärte ergänzend, dass Frauenrechtlerinnen in alarmierendem Ausmaß zu Zielen würden. Gewalt gegen Politikerinnen verhindere Fortschritt in den Bereichen der zivilen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte von Frauen. Die Vereinten Nationen (VN) engagierten sich vielfach für die Rechte von Frauen. Die gemeinsame Spotlight-Initiative verknüpfe VN-Bemühungen mit denen von Regierungen und der Zivilgesellschaft der EU-Mitgliedstaaten.
EuGH: Schlussanträge zur Anrechnung von Vordienstzeiten und Diskriminierung wegen des Alters
Am 23.11.2017 legte der Generalanwalt seine Schlussanträge am EuGH in der Rechtssache C-482/16 Georg Stollwitzer gegen ÖBB Personenverkehr AG vor. Stollwitzer ist seit 1983 bei den Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) angestellt. Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Innsbruck (AUT) hatte er auf Rückerstattung der Gehaltsdifferenz geklagt, weil die ÖBB ihn in ihrem Gehaltsschema zu niedrig eingestuft habe. Die ÖBB habe ihm in rechtswidriger und diskriminierender Weise die Anrechnung seiner Vordienstzeiten vor dem 18. Lebensjahr verwehrt. Gegen die ÖBB bestanden in den Jahren zuvor ebenfalls Klagen wegen Altersdiskriminierung. Der EuGH hatte diesen Klagen stattgegeben. Die aktuelle Regelung der ÖBB sieht nun vor, dass Vordienstzeiten anerkannt werden, allerdings nur solche, die bei der ÖBB oder anderen öffentlichen Eisenbahnunternehmen innerhalb der EU geleistet wurden. Vordienstzeiten bei privaten und anderen öffentlichen Verkehrsbetrieben würden dabei nicht berücksichtigt. Damit greife die momentane Bestimmung bei einem großen Teil der Angestellten nicht. Das OLG Innsbruck möchte daher vom EuGH wissen, ob diese aktuelle Regelung im Widerspruch zum unionsrechtlichen Verbot der Altersdiskriminierung steht. Der zuständige Generalanwalt erörterte in seinen Schlussanträgen, dass auch die aktuelle Vorschrift der ÖBB eine mittelbare Ungleichbehandlung von Angestellten aufgrund ihres Alters darstelle. Der EuGH habe bereits in früheren Urteilen diese Diskriminierung festgestellt. Die derzeitige Regelung stelle insofern eine Diskriminierung wegen des Alters dar, als dass sie auf vorherigen Regelungen aufbaue. Damit bestünde weiterhin die Gefahr einer Ungleichbehandlung.
EuGH: Urteil zum Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub als Grundsatz des EU-Sozialrechts
In seinem Urteil vom 29.11.2017 legte der EuGH fest, dass Arbeitnehmer vollen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub haben. Im konkreten Fall C. King / Sash Window Ltd. hatte Herr King für ein Unternehmen auf Grundlage eines Selbstständigkeitsvertrages und ausschließlich gegen Provision gearbeitet. Wenn Herr King Jahresurlaub nahm, war dieser unbezahlt. Beim Eintritt in den Ruhestand verlangte King von seinem Arbeitgeber eine Vergütung für die nicht bezahlten sowie für die nicht genommenen Jahresurlaube. Das final damit befasste Berufungsgericht von England und Wales legte dem EuGH mehrere Fragen zur Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) vor. Unter anderem wollte es wissen, ob ein Arbeitnehmer Urlaub nehmen müsse, bevor er wisse, ob er Anspruch auf Bezahlung habe. Der EuGH machte klar, dass dies unvereinbar mit Unionsrecht sei, da Arbeitnehmer damit gezwungen wären, unbezahlten Urlaub zu nehmen und dessen Bezahlung anschließend einzuklagen. Des Weiteren müssten mehrere unbezahlte Jahresurlaube im Fall einer Weigerung des Arbeitgebers bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses angesammelt werden. Die daraus entstehenden finanziellen Folgen sind vom Arbeitgeber zu tragen. Der EuGH wies ferner darauf hin, dass Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub sei, über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Zudem sei der Anspruch ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der EU und ebenfalls in der Charta der Grundrechte der EU verankert.
J u s t i z
EP, Kommission, Rat: Einigung über Geoblocking-Verordnung
Am 20.11.2017 haben EP, Kommission und Rat bekannt gegeben, sich auf einen Kompromiss zum Verordnungsvorschlag über Maßnahmen gegen Geoblocking geeinigt zu haben. Die Kommission hatte den Vorschlag am 25.05.2016 vorgelegt (vgl. BaB 10/2016). Sie will mit den neuen Vorschriften dafür sorgen, dass Verbraucher, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen Mitgliedstaat online oder vor Ort erwerben wollen, nicht durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen diskriminiert werden, sofern dies nicht aus objektiven und nachprüfbaren Gründen, wie z.B. dem Mehrwertsteuerrecht oder Vorschriften zum Schutz des Gemeinwohls, gerechtfertigt ist. In den Verhandlungen konnte sich das EP nicht mit der Forderung durchsetzen, digitale urheberrechtlich geschützte Inhalte auch in den Anwendungsbereich der neuen Verordnung aufzunehmen. Allerdings wird die Kommission verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung eine entsprechende Ausdehnung des Anwendungsbereichs zu prüfen. Die neue Verordnung wird in neun Monaten, und nicht, wie von Kommission und EP zunächst gefordert, in sechs Monaten in Kraft treten. Rat und EP müssen dem Kompromiss noch förmlich zustimmen.
EuGH: Umfang der Kfz-Haftpflicht bei Traktoren
Der EuGH hat am 28.11.2017 in der Rechtssache C-514/16 entschieden, dass Schäden, die durch Fahrzeuge verursacht werden, die auch als Arbeitsmaschinen verwendet werden können, nur dann von einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgedeckt sein müssen, wenn diese Fahrzeuge in erster Linie als Transportmittel verwendet werden. Der Umstand, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls steht oder sein Motor läuft oder nicht, schließt es für sich allein nicht aus, dass die Benutzung dieses Fahrzeugs zu diesem Zeitpunkt von seiner Funktion als Transportmittel umfasst sein kann. Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob der Begriff „Benutzung eines Fahrzeugs“ gemäß der Richtlinie 72/166/EWG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung auch die Benutzung des Fahrzeugs als Maschine zur Erzeugung von Antriebskraft, aber ohne Bewegung des Fahrzeugs, umfasst. Der EuGH weist darauf hin, dass der Begriff „Benutzung eines Fahrzeugs“ nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden darf, sondern einen autonomen Begriff des Unionsrechts darstellt, der einheitlich auszulegen ist. Im Ausgangsfall geht es um einen Unfall mit einem Traktor in PTL, bei dem dieser nicht in Bewegung war, sondern mit laufendem Motor auf einem Feldweg eingesetzt wurde, um eine Spritzpumpe zu betreiben. Nach portugiesischem Recht sind von der Kfz-Haftpflicht Fälle ausgeschlossen, in denen die Fahrzeuge zu rein landwirtschaftlichen oder industriellen Zwecken benutzt werden.
EuGH: Online-Dienst für die Aufzeichnung von Fernsehsendungen keine Privatkopie
Der EuGH hat am 29.11.2017 in der Rechtssache C-265/16 entschieden, dass die Zurverfügungstellung von in einer „Cloud“ gespeicherten Kopien von Fernsehprogrammen (sog. Cloud-Recorder) vom Inhaber der Urheberrechte oder der verwandten Schutzrechte erlaubt werden muss. Diese Dienstleistung stellt nämlich eine Weiterverbreitung der betreffenden Programme dar und fällt nicht unter die Privatkopieausnahme der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29. Der EuGH stellt klar, dass das Erfordernis einer engen Auslegung der Privatkopieausnahme impliziert, dass dem Rechtsinhaber nicht auch sein Recht genommen wird, den Zugang zu den Werken oder Gegenständen, von denen diese Personen Privatkopien anfertigen möchten, zu verbieten oder zu erlauben. Im Ausgangsfall bietet ein Unternehmen aus GBR seinen privaten Kunden die Aufzeichnung von Fernsehsendungen in Form des sog. cloud computing an. Die Kunden können aus den auf der Website des Unternehmens wiedergegebenen Fernsehprogrammen diejenigen Sendungen aussuchen, die das Unternehmen für sie aufnehmen und in der vom Kunden angegebenen Cloud speichern soll. Das vorlegende Gericht hat die Frage aufgeworfen, ob diese Tätigkeit von der im nationalen Recht vorgesehenen Privatkopie-Ausnahme erfasst ist.
EuGH: Auslieferungsschutz für EU-Bürger
Generalanwalt Bot hat sich in seinen Schlussanträgen vom 21.11.2017 in der Rechtssache C-191/16 mit der Frage befasst, ob Unionsbürger in DEU den gleichen Schutz vor Auslieferung an einen Drittstaat (hier die USA) beanspruchen können wie Deutsche. Er vertritt die Auffassung, dass Art. 18 AEUV (Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit) und Art. 21 AEUV (Freizügigkeit für Unionsbürger) dahin auszulegen sind, dass sie einen Mitgliedstaat (MS), der im Rahmen eines Auslieferungsabkommens zwischen der EU und einem Drittstaat mit einem Auslieferungsersuchen dieses Drittstaats betreffend einen Staatsangehörigen eines anderen MS, der sich bei ihm aufhält, befasst ist, nicht daran hindern, diesem Ersuchen stattzugeben. Die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung mit eigenen Staatsangehörigen des ausliefernden MS bzw. die dadurch hervorgerufene Beschränkung der Freizügigkeit als Unionsbürger können dadurch gerechtfertigt sein, dass nur so der Gefahr einer Straflosigkeit entgegengewirkt werden kann. Ein italienischer Staatsangehöriger begehrt vor dem Landgericht (LG) Berlin die Feststellung, dass DEU ihm den Schaden zu ersetzen habe, der ihm durch seine Auslieferung an die USA entstanden sei. Gegen ihn hatte ein Haftbefehl eines amerikanischen Gerichts vorgelegen, außerdem war er bei Interpol zur Fahndung ausgeschrieben. Im Juni 2013 wurde er in DEU festgenommen und nachfolgend an die USA ausgeliefert. Das LG Berlin hat Zweifel, ob die Auslieferung mit Unionsrecht vereinbar war. Es neigt zu der Auffassung, dass der im Grundgesetz für Deutsche garantierte Auslieferungsschutz auch für EU-Bürger gelten müsse.
G e s u n d h e i t u n d V e r b r a u c h e r s c h u t z
Kommission; Öffentliche Konsultation zur Begrenzung des Verzehrs von industriellen Transfettsäuren in der EU begonnen
Bei Transfettsäuren handelt es sich um eine bestimmte Art ungesättigter Fettsäuren, die in Lebensmitteln in der EU vorkommen und deren Verzehr ein höheres Risiko der koronaren Herzerkrankung birgt als jeder andere Nährstoff. Transfettsäuren können industriell hergestellt werden und auch auf natürliche Weise in Lebensmitteln vorkommen, die von Wiederkäuern gewonnen werden (wie Milcherzeugnisse oder Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch). Die Europäische Kommission führt derzeit eine Folgenabschätzung mit Blick auf eine mögliche EU-Initiative zur Begrenzung des Verzehrs industrieller Transfettsäuren im Rahmen der Ernährung der Verbraucher in der EU durch. Geprüft werden folgende Optionen: Begrenzung des Gehalts an industriell erzeugten Transfettsäuren in Lebensmitteln durch Selbstregulierung oder durch eine rechtsverbindliche Maßnahme, verpflichtende Kennzeichnung des Gehalts an Transfettsäuren in Lebensmitteln auf dem Etikett oder Verbot der Verwendung teilgehärteter Öle (die die Hauptquelle industrieller Transfettsäuren darstellen) bei der Herstellung/Zubereitung von Lebensmitteln durch Selbstregulierung oder durch eine rechtsverbindliche Maßnahme.
Kommission; Analyse der nationalen Gesundheitssysteme
Nur durch neue Denkansätze können wir sicherstellen, dass unsere Gesundheitssysteme funktionsfähig bleiben und eine patientenorientierte Versorgung gewährleisten. Dies geht aus den 28 länderspezifischen Gesundheitsprofilen hervor, die die Kommission zusammen mit einem Begleitbericht veröffentlicht hat. In den Berichten werden die Gesundheitssysteme der EU-Mitgliedstaaten eingehend analysiert. Dabei geht es um die Gesundheit der Bevölkerung und wichtige Risikofaktoren sowie die Effizienz, Zugänglichkeit und langfristige Tragbarkeit der Gesundheitssysteme in allen Mitgliedstaaten. Der Bericht für Deutschland zeigt, dass sich der Gesundheitszustand der deutschen Bevölkerung seit dem Jahr 2000 verbessert, dennoch bleiben verhaltensbedingte Risikofaktoren problematisch.
I n n e r e s
Rat; Mandat für Verhandlungen zur Richtlinie über Aufnahmebedingungen für Asylbewerber erteilt
Am 29.11.2017 hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) ein Mandat für Verhandlungen mit EP und Kommission über die Richtlinie zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, erteilt. Hauptziel dieses Richtlinienentwurfs ist es, den Antragstellern einheitliche Aufnahmebedingungen zu bieten, die sicherstellen sollen, dass sie in allen Mitgliedstaaten (MS) einen angemessenen Lebensstandard und vergleichbare Lebensbedingungen erhalten. Ferner soll durch die Gewährleistung weitgehend einheitlicher Leistungsniveaus in den MS auch die Sekundärmigration reduziert werden. Der Rat spricht sich u.a. dafür aus, dass Antragsteller weiterhin spätestens neun Monate nach Einreichung eines Antrags auf internationalen Schutz Zugang zum Arbeitsmarkt haben sollen. Wenn die Antragsteller über ausreichende Mittel verfügen, sollen sie verpflichtet werden können, die Kosten für ihre Aufnahmebedingungen zu übernehmen oder sich an ihnen zu beteiligen. Um Sekundärbewegungen zu verhindern, beschränkt der Richtlinienentwurf die Bereitstellung von Aufnahmebedingungen auf den MS, der für den Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist. Der Rat unterstützt auch den Vorschlag der Kommission, dass die MS die Freizügigkeit der Antragsteller auf ein geografisches Gebiet beschränken, ihnen einen bestimmten Wohnsitz zuweisen oder Meldepflichten festlegen können. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen und die Gefahr der Flucht besteht, sollen die MS auch vom Instrument der Inhaftierung Gebrauch machen können.