02-2018 Newsletter

Darmstadt, den 31. Januar 2018

veröffentlicht am 26.01.2018

F i n a n z d i e n s t l e i s t u n g e n

Kommission: Neue Vorschriften für elektronische Zahlungen in Kraft

Zum 13.01.2018 ist die von der Kommission im Juli 2013 vorgeschlagene und 2015 von beiden Gesetzgebern angenommene überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2, Richtlinie (EU) 2015/2366) in Kraft getreten. Laut Kommission werden durch die neuen Vorschriften elektronische Zahlungen für Waren und Dienstleistungen für die europäischen Verbraucher in jeder Hinsicht kostengünstiger, einfacher und sicherer. Konkret zielen die Änderungen auf die Aktualisierung der europäischen Zahlungsdienste zum Nutzen von Verbrauchern und Unternehmen ab, um so mit dem sich rasch entwickelnden Markt Schritt zu halten. Laut dem für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständigen Kommissions-Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis stellt die Anwendung der Richtlinie einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem digitalen Binnenmarkt in der EU dar. So würden mit Inkrafttreten der PSD2 Aufschläge bei Zahlungen mit Verbraucherdebit- und -kreditkarten abgeschafft, was zu jährlichen Einsparungen von mehr als 550 Mio. EUR führen würde.

F i n a n z e n

Euro-Gruppe, Rat: Umsetzung der finanzpolitischen Maßnahmen in GRI begrüßt

Auf ihrer Tagung am 22.01.2018 begrüßte die Euro-Gruppe die Umsetzung fast aller GRI-Maßnahmen. Insbesondere habe GRI für 2018 einen Haushalt verabschiedet, der mit dem vereinbarten Primärüberschussziel von 3,5% des BIP im Einklang stehe. Darüber hinaus seien die für 2015 bis 2017 festgelegten finanzpolitischen Ziele sogar übertroffen worden. Die Euro-Gruppe appellierte an die griechischen Behörden, die noch ausstehenden Maßnahmen unverzüglich umzusetzen. Danach würden die Leitungsgremien des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) voraussichtlich die Auszahlung der vierten Tranche des ESM-Programms in Höhe von 6,7 Mrd. EUR genehmigen. Das ESM-Programm für GRI werde voraussichtlich im August 2018 auslaufen.

Kommission: MwSt.-Vorschlag für flexiblere Steuersätze und weniger Verwaltungsaufwand für KMU

Am 18.01.2018 schlug die Kommission vor, die MwSt.-Systemrichtlinie gemäß Art. 113 AEUV zu ändern. Der Rat müsste einstimmig nach EP-Konsultation zustimmen. Die Änderung soll den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der MwSt.-Sätze einräumen und das steuerliche Umfeld für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verbessern. Gemäß den derzeitigen Vorschriften können die Mitgliedstaaten von Kleinunternehmen getätigte Verkäufe von der MwSt. befreien, sofern diese einen bestimmten, von Land zu Land unterschiedlichen Jahresumsatz nicht übersteigen. Expandierende KMU verlieren das Anrecht auf Vereinfachungsmaßnahmen, sobald der Schwellenwert für die Steuerbefreiung überschritten wird. Diese Steuerbefreiungen stehen außerdem nur inländischen Unternehmen zur Verfügung. Das bedeutet, dass keine einheitlichen Wettbewerbsbedingungen für innerhalb der EU tätige Kleinunternehmen herrschen. Neben der Beibehaltung der derzeitigen Schwellenwerte für Steuerbefreiungen sehen die nun vorgelegten Vorschläge vor: einen EU-weiten Umsatzschwellenwert von 2 Mio. EUR, bis zu dem Vereinfachungsmaßnahmen für alle – steuerbefreiten und nicht steuerbefreiten – Kleinunternehmen anwendbar sind: die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten alle Kleinunternehmen, die für eine MwSt.-Befreiung infrage kommen, von ihren Pflichten im Hinblick auf Registrierung, Rechnungstellung, Aufzeichnung und Mitteilung befreien: einen Umsatzschwellenwert von 100.000 EUR, der Unternehmen, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind, ermöglichen würde, die MwSt.-Befreiung in Anspruch zu nehmen.

S o z i a l e s

EP: Kindesinteressen bei grenzüberschreitenden Scheidungen

Am 18.01.2018 teilte Berichterstatter Tadeusz Zwiefka MdEP (EVP/POL) zum EP-Beschluss zur Brüssel-IIa-Regulierung mit, dass Gerichte die Möglichkeit haben sollten, Kinder im Falle von grenzüberschreitenden Scheidungen nicht nur in Pflegefamilien oder -einrichtungen unterzubringen, sondern auch bei verwandten Personen, zu denen das Kind eine Beziehung aufgebaut habe. Geschwister sollten überdies nicht getrennt werden. Die Mitgliedstaaten sollten in den Fällen, wo Kinder in Pflegefamilien kämen, sicherstellen, dass das ethnische, religiöse, kulturelle und sprachliche Umfeld erhalten bleibe. Dies gehöre zu den Vorschlägen, die das EP zur Brüssel-IIa-Regulierung vorbringe, die die Regeln der Gerichte für die Berücksichtigung von Familien- und Scheidungsangelegenheiten vorgebe. Diese Regeln seien insbesondere dann notwendig, wenn Eltern mit Kindern in anderen Mitgliedstaaten lebten. Zwar entschieden die Gerichte, ob sie das Kind z.B. im Scheidungsfall anhörten oder nicht, jedoch müsse jede Entscheidung, die das Kind betreffe gerechtfertigt sein. MdEP Zwiefka schlage daher zusammen mit der EVP-Fraktion vor, einen Leitfaden für die Kindesanhörung vorzulegen. Das Kind solle ohne Druck durch die beteiligten Parteien angehört werden in einem Umfeld, dass das Kindesalter, seine Sprache und andere Aspekte berücksichtige. Die emotionale Integrität und das Kindeswohl müssten vorn anstehen. Im Falle von Kindesverschleppung bringe er vor, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Fristen verkürzt werden müssten. Wenn ein Kind von einem Elternteil in einen anderen Mitgliedstaat verschleppt werde, dürften maximal 18 Wochen vergehen, bis eine Entscheidung falle.

J u s t i z

EP: Bericht zum Strafregisteraustausch bei Drittstaatsangehörigen

Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) hat am 25.01.2018 den Bericht über den Verordnungsvorschlag zur Verbesserung des Strafregisteraustauschs innerhalb der EU durch Einrichtung eines zentralen Informationssystems für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN) angenommen. Dabei forderten die MdEP, dass neben der Justiz in den Mitgliedstaaten auch Eurojust, Europol und die künftige Europäische Staatsanwaltschaft Zugriff auf ECRIS-TCN erhalten. Außerdem stimmte der LIBE für die Aufnahme von Trilogverhandlungen mit dem Rat, um eine Einigung in erster Lesung zu erzielen. Die EU-Justizminister hatten auf ihrer Tagung am 08.12.2017 eine Einigung auf den Verordnungsvorschlag erzielt (vgl. BaB 23/2017). Die Kommission hatte den Vorschlag am 29.06.2017 vorgelegt (vgl. BaB 13/2017). Mit der Verordnung wird eine zentrale Zusatzdatenbank für Drittstaatsangehörige geschaffen, die den bereits existierenden Strafregisteraustausch betreffend Staatsangehörige der Mitgliedstaaten ergänzt.

Kommission: Bewertung des Verhaltenskodex gegen Online-Hetze

Am 19.01.2018 hat Věra Jourová, Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung, den dritten Bericht zur Umsetzung des Verhaltenskodex für die Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet vorgestellt. Als zentralen Erfolg nannte sie den Anstieg des Anteils gelöschter illegaler Inhalte von 28% Ende 2016 auf 70% Ende 2017. In DEU stieg der Anteil von zuvor 52% auf 100% an, womit DEU im Ländervergleich führt. Zudem haben die IT-Unternehmen die Vorgabe, von Nutzern gemeldete Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu überprüfen, in 81% der Fälle eingehalten. Bei den gemeldeten Inhalten handelt es sich primär um xenophobe und rassistische Inhalte. Nachdem vier große Plattformbetreiber dem Verhaltenskodex bereits 2016 zugestimmt hatten, schließen sich nun auch Instagram und Google+ an. Die Kommission hat angekündigt, trotz der grundlegenden Erfolge insbesondere die Transparenz und die Rückmeldung an die Nutzer sowie die Strafverfolgung weiter verbessern zu wollen. Sie strebt die Beteiligung weiterer Online-Plattformen an. Sollten die Bemühungen nicht fortgesetzt werden oder sich abschwächen, will die Kommission zusätzliche Maßnahmen in Erwägung ziehen.

http://ec.europa.eu/newsroom/just/item-detail.cfm?item_id=612086

EuG: Markenstreit um „Fack Ju Göhte“

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat mit Urteil vom 24.01.2018 in der Rechtssache T-69/17 eine Klage der Constantin Film Produktion GmbH gegen das Amt der EU für Geistiges Eigentum (EUIPO) wegen Ablehnung der Eintragung der Wortmarke „Fack Ju Göhte“ zurückgewiesen und die Entscheidung des EUIPO damit bestätigt. Das EUIPO hatte den Antrag der Klägerin auf Eintragung der Wortmarke „Fack Ju Göhte“ als Unionsmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen mit der Begründung abgelehnt, die Anmeldung verstoße gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten. Die Constantin Film Produktion GmbH hatte daraufhin Klage beim EuG erhoben. Das EuG vertritt die Auffassung, das EUIPO sei zu Recht davon ausgegangen, dass der englische Ausdruck „fuck you“ und somit das angemeldete Zeichen insgesamt naturgemäß vulgär seien und die Verbraucher daran Anstoß nehmen könnten. Dementsprechend habe es zutreffend geschlossen, dass das angemeldete Zeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke von der Eintragung auszuschließen sei. Dem stünden weder der Umstand, dass der Film „Fack Ju Göhte“ seit seinem Kinostart von mehreren Mio. Menschen gesehen worden sei, noch das Vorbringen der Klägerin, dass ein Teil der Verbraucher, wie z.B. Jugendliche, eine äußerst derbe Ausdrucksweise für akzeptabel halten, entgegen.

I n n e r e s:

EuGH; Einholung eines psychologischen Gutachtens zur Bestimmung der sexuellen Orientierung eines Asylbewerbers verstößt gegen die europäische Grundrechte-Charta

In seinem Urteil vom 25.01.2018 hat der EuGH entschieden, dass die Einholung eines Gutachtens zur Beurteilung der sexuellen Orientierung eines Asylbewerbers im Rahmen der Prüfung seines Asylantrags nicht mit den in der Charta der Grundrechte der EU garantierten Grundrechten vereinbar ist. Der Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, hatte bei den ungarischen Behörden einen Asylantrag gestellt, weil er befürchtete, in seinem Herkunftsland wegen seiner Homosexualität verfolgt zu werden. Diese wiesen seinen Antrag mit der Begründung ab, das hierzu erstellte psychologische Gutachten habe die von ihm angegebene sexuelle Orientierung nicht bestätigt. Der EuGH stellte fest, dass es den nationalen Behörden zwar grundsätzlich erlaubt sei, die Angaben von Asylbewerbern mittels Gutachten zu überprüfen, ein Gutachten zur Feststellung der Homosexualität eines Asylbewerbers stehe indes mit den europäischen Grundrechten, wie dem Recht auf Wahrung der Menschenwürde und dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht in Einklang. Hierbei handele es sich um einen besonders schwerwiegenden Eingriff, weil das Gutachten einen Einblick in die intimsten Lebensbereiche des Asylbewerbers geben solle. Es stehe daneben in einem Missverhältnis zu dem Zweck, Anhaltspunkte zusammenzutragen, die eine Einschätzung ermöglichen, inwieweit ein Asylbewerber tatsächlich internationalen Schutzes bedarf. Ein solches Gutachten sei zudem nicht unverzichtbar. Die Richtlinie gestatte den nationalen Behörden, in Falle eines Fehlens von Unterlagen zum Beweis für die sexuelle Orientierung des Asylbewerbers, sich auf die Kohärenz und die Plausibilität seiner Aussagen zu stützen.

EuGH; Auslegung der Dublin III-Verordnung bei illegaler Wiedereinreise des Asylbewerbers nach Überstellung

Der EuGH hat am 25.01.2018 in der Rechtssache C-360/16 (Hasan) sein Urteil zur Auslegung der Dublin-III-Verordnung in Konstellationen verkündet, in denen ein Asylbewerber nach einer ersten Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat illegal wieder in den Mitgliedstaat, aus dem er überstellt wurde, einreist. Der syrische Staatsangehörige Hasan hatte in DEU Asyl beantragt. Nachdem festgestellt wurde, dass er zuvor bereits in ITL internationalen Schutz beantragt hatte, wurde ITL um seine Wiederaufnahme ersucht, der Antrag von Herrn Hasan in DEU als unzulässig abgelehnt und dieser nach ITL überstellt. Er kehrte jedoch noch im gleichen Monat (illegal) nach DEU zurück. In dieser Konstellation müsse laut Gerichtshof ein „neues“ Wiederaufnahmeverfahren zur Überstellung betrieben werden. Dieses Wiederaufnahmegesuch müsse wiederum innerhalb der grds. zweimonatigen Frist gestellt werden. Passiere dies nicht, macht die betreffende Person aber auch nicht von der Befugnis zur Stellung eines neuen Antrags auf internationalen Schutz Gebrauch, könne aber weiterhin noch ein Wiederaufnahmegesuch unterbreitet werden.